Die einleitenden Zeilen sprachen von einer Zäsur, einem Aufbruch in eine neue digitale Zeit.
"Na bitte! Siehste wohl. So iss das - musst auch moderner denken"
Dann kam eine große weitgehend blaue Grafik. Dann ein ähnlich großes Foto mit drei Chefredakteuren, einmal weiblich, zweimal männlich.
"Warum drei? Iss das nicht viel zu teuer? Warum zwei Jungs und ein Mädel? Warum nicht andersrum? Aber bitte, iss ihre Sache. Aber drei? Hätt' ich nicht gemacht!", dachte ich wieder nur so bei mir selbst.
Im begleitenden Text sprach man davon, dass das Layout reduzierter und übersichtlicher sei, eine klare Bildsprache transportiere die Magazinoptik ins Digitale. Und so weiter, und so weiter. Alles sei bestens, nein besser ginge es nicht, war der Tenor.
Und man habe sich natürlich auch Rat geholt, unter anderem vom, wenn ich mich recht erinnere, Schweizer Professor Soundso. Und dieser Herr habe eindringlich dazu geraten, nichts zu verändern, gar nichts. Denn so wie es jetzt sei, sei es gut und in keiner Weise verbesserungswürdig.
Und dann? Ja dann kam der kurze und sehr einprägsame Satz von den drei Chefs:
Wir haben nicht auf ihn gehört.
Toll, oder? Ich war, nein, bin es noch, eher auf Seiten des Mannes aus der Schweiz. Was gut ist kann man ruhig so lassen. Nicht immer alle wuschig machen mit ständigen Änderungen. Bei Aldi und Co. iss das auch Käse, wenn die ständig ihre Regale umräumen. Die Seite war okay.
Einfach gut. Übersichtlich und klar. Jetzt ist sie es nicht mehr. Sicher, der journalistische Stil ist nicht so wie früher im Spiegel, aber immer noch: Geht so. Man gewöhnt sich ja so leicht an schleichende Reduzierungen, auch die des Niveaus. Und auch andere bringen mitunter nicht ganz echte Fakten.
Nun gut. Ich war angefixt von der unglaublichen Borniertheit, die die drei Chefredakteure an den Tag legten. Alle drei ganz frisch, im Januar 2019 ernannt. War richtig sauer! Watten Quatsch, oder? Jedenfalls dachte ich wieder bei mir selbst:
"Jetzt iss es gut, jetzt kündigst du deinen Spiegel. Willst du doch sowieso schon lange. Bist doch nicht richtig zufrieden damit. Aber eben noch schauen was andere so sagen, die ha'm ja immer 'nen Forum unter ihren Artikeln."
Pustekuchen, war auch anders. Forum ist nicht mehr drunter, muss man jetzt extra anklicken. Ist also unkomfortabler, schlechter zu händeln, schlechter zu lesen. Aber ich hab es gefunden. Donnerwetter, da ging es zur Sache. Weit über 800 Kommentare, geschätzt zu 95% negativ. Mal verhalten, mal brüllend laut, nur selten völlig unsachlich. Da ließ kaum einer was Gutes am Spiegel. Lohnt zu lesen!
Und ja, auch ich bin nur Herdentier - ich hab ebenfalls meinen Kommentar abgegeben und mich verabschiedet vom Spiegel. (Ist links von diesem Text nebst zweier Repliken auf meinen Beitrag nachzulesen)
Und dann bin ich gleich sitzengeblieben und hab mein Abo gekündigt. Das spart 'ne ganze Menge, runde 280 Euro im Jahr, hab ich errechnet.
Wenn denen das man nicht häufiger passiert dieser Tage, online und offline.
Wenn doch, wird wohl über kurz oder lang nur maximal ein Chefsessel übrig bleiben. Die anderen gibt's dann für billig Geld bei ebay-Kleinanzeigen oder so.